Menschen haben ein Recht auf Privatsphäre. In digitalen Zeiten gibt es dafür das Bundesdatenschutzgesetz (BDSG). Es regelt zusammen mit den Datenschutzgesetzen der Länder den Umgang mit personenbezogenen Daten. Doch gelten die Regelungen auch für verstorbene Menschen?
Wenn man Datenschützer fragt, ob auch die Daten Verstorbener vom Datenschutz erfasst werden, müssen sich viele erstmal selbst kundig machen. Das Datenschutzgesetz ist für die Lebenden gemacht. Nach den Stichworten “Verstorbene” oder “Tote” sucht man darin vergeblich. Doch die Frage ist durchaus interessant für ein Bestattungshaus, wie die folgenden Beispiele zeigen.


Beispiele, bei denen der Datenschutz eine Rolle spielt

Am Telefon des Bestatters meldet sich eine Frau. Sie hatte viele Jahre keinen Kontakt zu ihrem Cousin. Jetzt hat sie versucht ihn anrufen und stellt fest, dass das Telefon abgeschaltet ist. Sie vermutet, dass ihr Cousin gestorben ist, aber auf dem Meldeamt wolle man ihr keinerlei Auskunft geben. Ob er, der örtliche Bestatter, ihr sagen könne, ob er den Mann begraben hat. Und wenn ja, ob er ihr die Adresse der Tochter geben könne.

Die Tochter einer Verstorbenen bekommt vom Hospiz einen Brief weitergeleitet. Inhalt ist ein Anschreiben an die Mutter, mit der Bitte an einer Umfrage teilzunehmen. Ein Student der Soziologie schreibt eine Magisterarbeit über das Sterben im Hospiz. Die verstorbene Mutter war dort nie gemeldet gewesen. Sie hatte in ihren letzten Wochen im Hospiz noch eine Bestattungsvorsorge abgeschlossen. Die Tochter fragt im Bestattungshaus, woher der Absender der Umfrage die Adresse haben könnte? Vielleicht von ihm, dem Bestatter?

Ein Redakteur der Lokalzeitung ruft an. Er möchte einen Artikel über den Digitalen Nachlass schreiben und sucht als Aufhänger für seinen Text betroffene Angehörige. Wunderbar, denkt sich der Bestatter, bessere Werbung für das Bestattungsinstitut kann es nicht geben. Vor kurzem war da dieser junge Mann, der unzählige Nutzerkonten im Internet hatte. Er gibt die Anschrift der Angehörigen an den Redakteur weiter und freut sich, dass auch er in dem Artikel genannt wird.

Eine Firma möchte eine Traueranzeige für einen Mitarbeiter aufgeben und darin erwähnen, dass dieser an einer bestimmten Krankheit gestorben ist. “Nach kurzer schwerer Krankheit” liest man ja öfter, aber darf es auch “Nach schwerer Krebserkrankung” heißen? Darf man diese Information so einfach in die Anzeige schreiben oder ist das bereits ein Verstoß gegen den Datenschutz?

Was personenbezogene Daten sind

Daten sind personenbezogen, wenn sie eindeutig einer bestimmten natürlichen Person zugeordnet sind oder diese Zuordnung zumindest mittelbar erfolgen kann. Die Daten einer Person beschränken sich nicht nur auf Name, Geburtsdatum oder Adresse, sondern beinhalten auch Informationen über eine Person. Das können biometrische Daten sein, Augenfarbe, Stimmmuster, Fingerabdrücke. Auch Daten, über die sich ein Personenbezug herstellen lässt, sind als personenbezogene Daten anzusehen: Kfz-Kennzeichen, Kontonummer, Rentenversicherungsnummer, Matrikelnummer. Entscheidend ist allein, dass es gelingen kann, die Daten mit vertretbarem Aufwand einer bestimmten Person zuzuordnen. In Deutschland umfasst der Datenschutz ausschließlich natürliche Personen. Daten juristischer Personen (z. B. staatliche Stellen, GmbH, AG, eingetragener Verein) werden nicht geschützt.

Das Datenschutzgesetz wurde für Lebende gemacht

Bezugspunkt sind nicht die Daten an sich, sondern die Privatsphäre eines Menschen. Das Recht auf informationelle Selbstbestimmung bedeutet, dass jeder selbst über die Preisgabe und Verwendung seiner personenbezogenen Daten bestimmen kann. Besonders schutzbedürftig sind nach § 3 Abs. 9 BDSG „besondere Arten personenbezogener Daten“, wie Gesundheitsdaten, Informationen über die rassische oder ethnische Herkunft, politische, religiöse, gewerkschaftliche oder sexuelle Orientierung. Ihre Verarbeitung ist an strengere Voraussetzungen gebunden als die Verarbeitung sonstiger personenbezogener Daten.

Im Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland ist das nicht ausdrücklich erwähnt. Personenbezogene Daten sind jedoch nach Art. 8 der EU-Grundrechtecharta geschützt. Wichtig ist festzuhalten, dass also nicht Daten geschützt werden, sondern die Freiheit des Menschen, selbst zu entscheiden, wer was wann und bei welcher Gelegenheit über sie oder ihn weiß.

Sind personenbezogene Daten über den Tod einer Person hinaus geschützt?

Jeder lebende Mensch ist eine natürliche Person. Verstorbene zählen nicht dazu. Für sie gilt der Grundsatz der freien Entfaltung der Persönlichkeit nicht, von der das Bundesdatenschutzgesetz ausgeht. Allerdings werden die Daten Verstorbener durch das so genannte postmortale Persönlichkeitsrecht geschützt. Dabei geht es um die Ehre und das Ansehen des Verstorbenen auch nach seinem Tod. Die Erben des Verstorbenen nehmen die Rechte im Falle einer Verletzung wahr. Auch ist zu fragen, ob eine Einwilligung des Verstorbenen zur Weitergabe von Daten vorliegt oder seine mutmaßliche Einwilligung angenommen werden kann.

Da das Bundesdatenschutzgesetz nicht greift, dürfen Bestattungsunternehmen die Adressdaten Verstorbener weitergeben. Ginge es um Daten Lebender, müsste erst genau geprüft werden, ob eine Datenübermittlung zulässig ist. Vorsicht ist dennoch angebracht, denn die Daten Verstorbener können auch Lebende betreffen. Zum Beispiel können Angaben über Krankheiten auch als personenbezogene Daten der Nachkommen angesehenen werden.

Im Zweifelsfall bei den Angehörigen nachfragen

Bevor man also einfach Daten an andere weitergibt, sollte man unterscheiden: geht es um Daten eines Verstorbenen oder eines noch lebenden Menschen. Sind es Informationen, die durch das postmortale Persönlichkeitsrecht geschützt sind? Es ist sicher nicht verkehrt, im Zweifelsfall Kontakt mit den Angehörigen aufzunehmen und nachzufragen, ob bestimmte Daten weitergeben werden dürfen.