Der Messenger WhatsApp ist weit verbreitet. Die meisten nutzen ihn privat, doch immer mehr Unternehmen setzen WhatsApp für die Kommunikation mit Kunden ein oder organisieren sich intern mit Hilfe der App. So praktisch das auf den ersten Blick erscheint, der Einsatz von WhatsApp im Unternehmen ist problematisch.
Warum WhatsApp so beliebt ist
WhatsApp ist als Dienst gestartet, der besser SMS konnte als andere SMS-Anwendungen für das Smartphone. Als immer mehr Menschen den Dienst nutzten, kam die Bildfunktion dazu. Inzwischen kann man Fotos, Audioaufnahmen und Videos verschicken, sich per Live-Audio verbinden (also Telefonieren), im Video-Chats in Echtzeit kommunizieren und Dokumente teilen. All diese Funktionen wurden nach und nach entwickelt.
WhatsApp nutzen im Juli 2017 rund 1,3 Milliarden Personen (Quelle: statista.com). Als der bis dahin unabhängige Kurznachrichtendienst 2014 von Facebook gekauft wurde, hatte er bereits gut 450 Millionen Nutzer. Facebook investierte 19 Milliarden Dollar in die Übernahme der beliebten App. Das ist ein klarer Hinweis auf den Wert, den persönliche Daten für Facebook haben. Wenn man sich umhört, sind viele Menschen skeptisch, was Facebook angeht. Dass Facebook mit den Nutzerdaten und Interessen der Profilinhaber sein Geld verdient und immer wieder wegen Fragen des Datenschutzes ins Gerede kommt, befördert die ablehnende Haltung. Bei WhatsApp dagegen schauen viele nicht so genau hin.
Was macht WhatsApp so beliebt? Es gibt kaum jemanden aus dem eigenen Bekanntenkreis, den man dort nicht findet. Die meisten Menschen sind drin. Das Sparen von Gebühren kommt gut an, denn die App nutzt für Sprach- und Videoanrufe sowie für Nachrichten die Internetverbindung des Smartphones statt der vertraglich oft limitierten Gesprächsminuten. Beliebt sind die Gruppen-Chats, in denen man sich mit der Familie, Freundeskreisen oder thematischen Kreisen zusammenfindet. Nachrichten, Fotos und Videos finden ganz einfach ihren Weg in die definierte Gruppe. Praktisch ist die Desktop-App, denn alle Kommunikationsstränge können auf allen Endgeräten nahtlos weitergeführt werden.
Die Kritik an WhatsApp reißt nicht ab
Wer sich in die Diskussion begibt, welcher Messenger der sicherste und datenschutzfreundlichste ist, dem ist schnell klar, dass WhatsApp unter dem Gesichtspunkt Datenschutz am schlechtesten abschneidet. Anfangs zerstreute Facebook noch die Befürchtungen, dass es mit der Übernahme zu einer noch lückenloseren Nachverfolgung der Nutzer kommen wird. Das Unternehmen führte geräteübergreifend eine Ende-zu-Ende-Verschlüsselung ein, mit der die Gesprächsinhalte nur von den jeweiligen Gesprächspartnern gehört oder gelesen werden können.
Doch bereits 2016 verkündete WhatsApp, dass von nun an Daten an Facebook weitergegeben werden. Gemeint sind die Telefonnummer und Informationen, wann und wie oft ein Nutzer den Messenger nutzt. Mit diesen Daten kann Facebook seine Nutzer noch detailfreudiger analysieren. In der Sprachweise von WhatsApp: „Indem deine Telefonnummer mit den Facebook-Systemen verbunden wird, kann Facebook dir besser Freunde vorschlagen und dir passendere Werbung anzeigen, falls du einen Account dort haben solltest.“
Aufhorchen lassen Fälle wie der einer Psychotherapeutin, der auf der englischsprachigen Plattform splinternews.com beschrieben wird. Einer der jüngeren, sportlichen Klienten der Therapeutin wunderte sich, wieso er mehrfach ihm unbekannte ältere und gebrechliche Menschen auf Facebook als Freunde vorgeschlagen bekam. Auf der Liste seiner Empfehlungen erkannte die Therapeutin einige ihrer Patienten. Was passiert, wenn die Patienten zufällig im Wartezimmer aufeinandertreffen? Sie selbst war mit keinen ihrer Patienten auf Facebook befreundet, hatte dort allerdings ihre Telefonnummer hinterlegt. Es war eine Nummer, die vermutlich auch ihre Patienten gespeichert hatten.
Facebook wird niemandem Auskunft erteilen, was konkret dazu führt, dass bestimmte Personen als Freunde vorgeschlagen werden. Nur eines ist klar: Wer WhatsApp auf seinem Smartphone installiert, kommt nicht darum herum der Anwendung Zugriff auf sein Kontaktverzeichnis zu geben: „Dein Adressbuch wird verwendet, um dich schnell und einfach mit deinen Kontakten, die auch WhatsApp verwenden, zu verbinden.“ Die Liste der Berechtigungen, die WhatsApp bei der Installation erhält ist lang: Kamera, Kontakte, Standort, Mikrofon, Telefon, SMS, Inhalt der SD-Karte lesen, bearbeiten oder löschen, aktive Apps abrufen, voller Netzwerkzugriff usw.
Problematisch ist vor allem, dass WhatsApp alle Kontaktdaten aus dem Adressbuch erhält, selbst von Menschen die bewusst nichts mit WhatsApp zu tun haben wollen. Kaum ein WhatsApp-Nutzer weiß, dass er mit der Installation die Nutzungsbedingungen der Anwendung bestätigt. Diese gehen davon aus, dass er dazu autorisiert ist, die Daten seiner Kontakte zur Verfügung zu stellen.
Automatisch stimmt der Nutzer dem im Vergleich zu Deutschland niedrigeren Niveau in datenschutzrechtlichen Fragen in den Vereinigten Staaten zu. Der Passus lautet: „Du erkennst an, dass die Gesetze, Vorschriften und Standards des Landes, in dem deine Informationen gespeichert oder verarbeitet werden, von denen deines eigenen Landes abweichen können.“ Aber wer liest sich schon die rechtlichen Hinweise durch, bevor er die App installiert.
WhatsApp im Unternehmen nutzen?
Auf einigen Webseiten von Bestattungsinstituten findet man neben der Telefonnummer mit dem klassischen Zusatz „Tag und Nacht erreichbar“ inzwischen auch eine Mobilnummer für den Kontakt via WhatsApp, versprochen wird eine „Antwort während der Bürozeiten“. Wenn man Marketingberatern folgt, macht das durchaus Sinn. Von den mehr als eine Milliarde Nutzern sind rund 70 Prozent täglich im Messenger angemeldet (Quelle: statista.com). Das macht WhatsApp für die B2C-Kommunikation sehr attraktiv. Andere Anwendungsmöglichkeit sind die betriebsinterne Kommunikation, der Kontakt mit Zulieferern oder die unkomplizierte Bildung einer Gruppe mit anderen Bestattern zum kollegialen Austausch.
Aus den als kritisch einzuschätzenden Punkten wird deutlich, dass der Gebrauch von WhatsApp datenschutzrechtlich problematisch ist. Das Thema beschäftigt inzwischen auch die Gerichte. Im März 2017 hat das Amtsgericht Bad Hersfeld (Az. F 111/17 EASO) in einem Sorgerechtsverfahren entschieden, dass allein die Nutzung von WhatsApp gegen das deutsche Datenschutzrecht verstößt. Dort heißt es unter anderem: „Wer durch seine Nutzung von "WhatsApp" diese andauernde Datenweitergabe zulässt, ohne zuvor von seinen Kontaktpersonen aus dem eigenen Telefon-Adressbuch hierfür jeweils eine Erlaubnis eingeholt zu haben, begeht gegenüber diesen Personen eine deliktische Handlung und begibt sich in die Gefahr, von den betroffenen Personen kostenpflichtig abgemahnt zu werden.“ Damit würden auch Unternehmen Bußgelder drohen, die den Messenger für ihre interne und externe Kommunikation nutzen.
Die deutschen Datenschutzregeln besagen, dass die Mitarbeiter eines Unternehmens die Zustimmung der in den Kontaktverzeichnissen vorhandenen Personen benötigen, um ihre Daten zu verarbeiten oder weiterzugeben. Auch im Hinblick auf sonstige auf dem Smartphone gespeicherte Daten sollte der Einsatz von WhatsApp reflektiert werden. Im Mai 2018 tritt die europäische Datenschutz-Grundverordnung (DS-GVO) in Kraft, mit der das Datenschutzrecht EU-weit vereinheitlicht wird. Die Haftungsfragen für Geschäftsleitungen werden spürbar erweitert.
Solchen Unannehmlichkeiten kann man aus dem Weg gehen, indem der externe Zugriff von Apps auf geschäftlich genutzte Smartphones so gering wie möglich gehalten wird. Wer im Unternehmen nicht generell auf Messenger-Dienste verzichten will, sollte für sich zumindest die Risiken abwägen und sich nach möglichen Alternativen umschauen.
Bleibt die Frage, ob etwas gegen die rein private Nutzung von WhatsApp für den Austausch mit Familie, Freunden und Bekannten spricht. Wer kein Problem damit hat, dass seine persönlichen Daten, seine Fotos und sonstigen Dateien auf den Servern eines privaten US-Unternehmens landen und im Zweifelsfall von den US-amerikanischen Behörden eingesehen werden können, der kann diese App nutzen. Es sollte ihm allerdings bewusst sein, dass er WhatsApp Zugriff auf das persönliche Telefonbuch, und damit auf die Rufnummern aller seiner Freunde und Bekannte gewährt.
Wer seine bei WhatsApp genutzte Mobilnummer kündigt, sollte vorher seinen WhatsApp Account aktiv löschen. Es ist vorgekommen, dass private Daten und Chatverläufe weiter angezeigt werden, wenn der neue Besitzer der Rufnummer WhatsApp für sich einrichtet.