Seit das Urteil im Prozess gegen Facebook vom Bundesgerichtshof gefällt wurde, ist es wieder still geworden um die Frage, wie das soziale Netzwerk mit den Profilen verstorbener Nutzer und ihren Angehörigen umgeht. Im Windschatten der rechtlichen Fragen nutzen viele Menschen Facebook, um ihre Trauer auszudrücken und der Verstorbenen zu gedenken.
Facebook ist noch lange nicht tot.
Seit 15 Jahren besteht Facebook. Trotz Diskussionen um Datenschutz und Fake News belegt Facebook im Ranking der größten sozialen Netzwerke nach Anzahl der monatlich aktiven Nutzer weltweit Platz eins. Die Zahlen für Deutschland: 32 Millionen nutzen Facebook mindestens einmal im Monat, 23 Millionen loggen sich täglich auf Facebook ein.
Zwar verliert Facebook bei jüngeren Menschen an Bedeutung, doch die Nutzerzahlen bleiben konstant. Was Facebook besonders freuen dürfte, sind die Einkommenszuwächse durch Werbung. Das System Facebook funktioniert also noch, auch wenn Kritiker behaupten, dass das Soziale Netzwerk seine Glanzzeiten bereits hinter sich hat und der digitale Leichenberg wächst.
Das Durchschnittsalter der Nutzer steigt weiter an. Der Zeitpunkt rückt näher, an dem Facebook mehr Profile von Toten gespeichert hat als von Lebenden. Ein Szenario rechnet diesen hypothetischen Wendepunkt auf die 2060er Jahre hoch.
Fast jeder hat Freunde auf Facebook, die bereits verstorben sind
Wer die eigene Kontaktliste durchgeht, wird feststellen, dass es zwei Sorten von verstorbenen Freunden gibt. Zum einen Profile, um die sich bisher niemand gekümmert hat. Wer die Person nicht kennt, könnte auf die Idee kommen, dass er/sie die Lust an Facebook verloren hat und einfach nicht mehr aktiv postet. Oder man sagt mal wieder Hallo und wundert sich, dass keine Antwort kommt.
Zum anderen die Profile im Gedenkzustand. Auf die klickt der Nutzer, um sich für ein paar Momente den Erinnerungen hinzugeben. “In Erinnerung an” steht vor dem Namen. Und “Wir hoffen, dass all jene, die xy lieben, durch den Besuch seines Profils Trost finden.” Wer sich im Gedenkzustand befindet ist eindeutig nicht mehr unter den Lebenden.
Die Einstellungen für den Gedenkzustand selbst vornehmen
Wer nicht dem Zufall überlassen will, ob sein Profil nach seinem Tod in den Gedenkzustand kommt, komplett entfernt, von Angehörigen mit den Zugangsdaten gekapert wird oder die nichtwissenden Kontakte in die Irre führt, der kann in den allgemeinen Kontoeinstellungen die Weichen dafür stellen. Ist ein Nachlasskontakt angegeben, kann dieser
- Einen fixierten Beitrag in der Chronik verfassen
- Gedenkbeiträge im Profi verwalten
- Das Entfernen des Kontos beantragen
- Auf neue Freundschaftsanfragen antworten
- Profil- und Titelbild aktualisieren
- Auf neue Freundschaftsanfragen antworten
Der Nachlasskontakt kann weder Beiträge im Namen des Verstorbenen veröffentlichen noch die Nachrichten lesen.
Wer nicht möchte, dass das Konto nach dem Tod fortbesteht, kann festlegen, dass es in diesem Fall dauerhaft gelöscht wird. Doch Vorsicht: Über das Konto können Facebook-Seiten oder Gruppen administriert oder Facebook-Werbeanzeigen geschaltet sein. Hier sollte auf alle Fälle eine zweite Person Admin-Rechte haben, sonst droht eine nervenaufreibende Kommunikation mit dem Facebook Service.
Wenn nichts festgelegt ist, übernimmt es Facebook für Ordnung zu sorgen.
Sobald jemand eine Person als verstorben meldet, wird das Konto gemäß den Richtlinien in den Gedenkzustand versetzt. Nachträglich kann kein Nachlasskontakt hinzugefügt werden.
Es verstößt gegen die Facebook-Nutzungsbedingungen, sich bei dem Konto einer anderen Person anzumelden. Wer im Todesfall eine Kopie aller oder ausgewählter Facebook-Informationen herunterladen möchte (Bilder, Storys, Freundesliste etc.), müsste sich also einloggen, sofern er die Zugangsdaten hat.
Viele gehen fälschlicherweise davon aus, dass Facebook auf Antrag diese Informationen herausgibt. Aber Facebook denkt gar nicht daran. Die Hürde liegt hoch, was nicht nur daran liegt, dass eine beglaubigte englische Übersetzung der Sterbeurkunde vorgelegt werden muss. Von “seltenen Fällen” ist die Rede:
In seltenen Fällen geben wir Anfragen zu weiteren Kontoinformationen oder Inhalten statt. Du bist verpflichtet, nachzuweisen, dass du ein autorisierter Vertreter bist, z. B. ein Familienmitglied, und über eine gerichtliche Entscheidung verfügst. Beachte, dass das Senden einer Anfrage oder das Ausfüllen der entsprechenden Dokumentation nicht zwangsläufig bedeutet, dass wir dir die Kontoinhalte der verstorbenen Person tatsächlich zur Verfügung stellen können. Darüber hinaus versetzen wir das Konto der verstorbenen Person in den Gedenkzustand, sobald wir deine Anfrage erhalten haben.
Facebook kann beim Trauern helfen
Jenseits der rechtlichen Diskussionen ist auf Facebook Raum für die Trauer der Menschen. Mit der Funktion des Gedenkzustands bleibt der Tod nicht wie in anderen sozialen Netzwerken unsichtbar. Bei Twitter, XING und LinkedIn werden die gemeldeten Profile einfach deaktiviert.
Auch der Tod eines digitalen Freundes berührt. Dazu muss man sich nicht außerhalb der Plattform gekannt oder nach der gemeinsamen Schulzeit weiter in Kontakt geblieben sein. Einfach sang- und klanglos aus der Kontaktliste zu verschwinden wird der Beziehung nicht gerecht, und sei sie noch so sporadisch gewesen.
Das Internet ist noch so jung, da haben sich noch keine erprobten Formen für traurige Nachrichten herausbilden können. Weder für diejenigen, die einen Todesfall vermelden, noch für diejenigen, die davon erfahren und damit umgehen müssen.
Wer nach Austausch oder Trauerbegleitung sucht, trifft auf Facebook auf verschiedene Trauergruppen, auch zu bestimmten Trauersituationen wie Trauer bei Suizid, am Arbeitsplatz oder verstorbenen Kindern und Jugendlichen. Trauerbegleiterinnen und -begleiter geben Einblicke in ihre Arbeit und bieten eine unkomplizierte Möglichkeit, in Kontakt zu kommen.
Die Lebenszeugnisse in der digitalen Welt mögen manchem banal erscheinen. Doch eine Profilseite dient der Erinnerung, wie die alten Fotos oder Briefe. Für Angehörige und Freunde ist der digitale Fußabdruck eine Spur, die ein für sie wichtiger Mensch hinterlassen hat.