Storytelling ist mehr als ein aktueller Trend im Marketing. Geschichten bleiben besser im Gedächtnis als Fakten. Ihre Botschaft erreicht die Menschen, weil sie die Emotionen ansprechen. Wo gibt es mehr berührende Geschichten zu erzählen als bei einem Abschied? Wer könnte diese Geschichten besser erzählen als ein Bestatter?


Was versteht man unter Storytelling

Geschichten zu erzählen ist nichts Neues. Die Kunst der mündlichen Überlieferung ist älter als die Erfindung der Schrift. Jahrhundertelang konnten nur wenige Menschen lesen und schreiben. Es wurden Geschichten erzählt. So lernten die Menschen, so begeisterten sie sich für eine Sache, so wurde Gemeinschaft geschaffen. Die Geschichtenerzähler benutzten immer die gleichen bewährten Elemente. So blieben die Geschichten im Gedächtnis und wurden weiterverbreitet.

Die Wirkkraft guter Geschichten macht sich das moderne Marketing zunutze. Storytelling ist zu einem Fachbegriff im Bereich der Kommunikation geworden. Erzählte Geschichten können sich auf die Vergangenheit, die Gegenwart oder die Zukunft beziehen. Sie können real oder fiktional sein. Oder sie haben eine reale Grundlage, die fiktional überformt wurde.

Eine Geschichte ist logisch aufgebaut und bringt die Zuhörer oder Leser von einem Ausgangspunkt zu einem Zielpunkt. Es gibt einen Anfang und ein Ende. Doch der Weg von A nach B ist nicht gleichförmig oder gerade. Der Spannungsbogen bewirkt, dass die Aufmerksamkeit bei dem Protagonisten der Geschichte bleibt. Hoch- und Tiefpunkte in der Erzählung bewirken, dass die Zuhörenden sich mit dem Weg des Protagonisten identifizieren. Die Geschichte transportiert eine Botschaft, ermöglicht einen Lernerfolg oder löst eine Handlung aus.

Das moderne Storytelling hat viele Gemeinsamkeiten mit dem klassischen Geschichtenerzählen. Es gibt eine Heldin oder einen Helden und eine Situation, die sie oder ihn heraufordert. Ein Konflikt muss gelöst, ein Abenteuer bestanden werden. Jede gute Geschichte enthält diese Elemente in der einen oder anderen Form.

Warum Geschichten besser als Fakten wirken

Menschen lieben Geschichten, weil sie sich in den Protagonisten der Geschichte wiedererkennen können. Sie lieben es zu erfahren, was anderen Menschen passiert ist, welches Schicksal sie erleiden oder wie sie mit einer Herausforderung umgehen. Menschen handeln emotional und Geschichten sprechen die Emotionen an. Geschichten beantworten Wünsche und Sehnsüchte oder sie lösen exemplarisch ein Problem. Menschen verstehen Geschichten besser als sachliche Informationen und destillieren aus ihnen eine Botschaft für sich heraus.

»Es genügt nicht, dass man zur Sache spricht. Man muss zu den Menschen sprechen«, so bringt es der polnische Schriftsteller Stanislaw Jerzey Lec auf den Punkt. Die Werbefachleute wissen es schon lange: ausschlaggebend für Kaufentscheidungen sind die Gefühle, nicht die Sachinformationen. Mitreißende Geschichten zu erzählen ist eine einfache und wirkungsvolle Technik, Aufmerksamkeit zu bekommen, eine Botschaft zu vermitteln und andere vom eigenen Produkt zu überzeugen. Bei Dienstleistungen läuft beim Kunden im Hinterkopf die Frage mit, ob er der Person vertrauen kann, die ihm die Geschichte erzählt.

Der Abschied von einem Menschen als emotionaler Höhepunkt

Bekannt geworden sind die Geschichten des Undertaker TOM und seiner Pietät Eichenlaub. Der Bestatterweblog erzählt seit 2004 Geschichten des Abschieds aus der Sicht eines Bestatters. Millionenfach aufgerufen, tragen diese Geschichten dazu bei, dass Tod, Trauer und Bestattung weniger tabuisiert werden. Der unterhaltsame Erzählstil verringert die Berührungsängste, so dass sich mehr Menschen mit diesen Themen beschäftigen.

Die Regenbogenpresse stürzt sich auf die Höhepunkte im Leben prominenter Personen. Im Fokus der bunten Blätter stehen nicht nur Liebe, Trennungen oder Krankheiten, sondern auch der Tod. Je dramatischer das Sterben ist, desto eher wird daraus eine große Titelstory, desto höher ist die Auflage. Bis heute wird über den rätselhaften Tod von Lady Diana 1997 spekuliert. Die Leserinnen und Leser reagieren nach wie vor auf vermeintlich neue Erkenntnisse rund um ihren tragischen Tod.

Auf Facebook, Instagram oder Twitter werden Beiträge, in denen eine Geschichte erzählt wird, häufiger angeklickt als noch so fundiert recherchierte Informationen. Geschichten von Trauerfeiern transportieren die empathische Haltung und das authentische Handeln der Bestatterin oder des Bestatters, der aus erster Hand davon erzählt. Menschen, die gerade in derselben Situation sind, fühlen sich verstanden. Sie können Anteil nehmen und werden ermutigt, sich für ihre eigenen Bedürfnisse beim Abschied einzusetzen. Geschichten machen Menschen unverwechselbar. Geschichten verbinden die Menschen miteinander. Diese Geschichten wollen sie erzählen und hören.

Die passende Geschichte für jeden Anlass

Unterscheidet sich die Art, wie eine Geschichte zu erzählen ist, von Kanal zu Kanal? Funktioniert das auf Instagram anders als auf der Webseite des Unternehmens? Ein (potenzieller) Kunde braucht andere Geschichten als ein Bewerber für eine offene Stelle oder eine Familie, die gerade eine Bestattung vorbereitet.

Die Trauernden brauchen Geschichten von anderen Betroffenen: welche Lösungen haben sie für die Gestaltung einer Trauerfeier gefunden. Der Bewerber wird von der Unternehmensgeschichte und der Vision des Gründers angesprochen. Zukünftige Kunden brauchen Geschichten, mit denen sich das Bestattungshaus vertrauenswürdig und kompetent zeigt.

So unterschiedlich die Geschichten auch sind, es liegt ihnen ein gemeinsamer Bauplan zugrunde. Bereits Aristoteles beschäftigte sich um 300 v. Chr. mit den Dramen seiner Zeit. Er kristallisiert heraus, dass es in jeder guten Geschichte einen Helden, einen Ort und eine Handlung gibt. Das beherzigen auch die modernen Marketinggeschichten.

Der Held (Protagonist) führt den Leser zu einem zentralen Thema und spricht ihn emotional an. Er illustriert die Botschaft, die am Ende der Geschichte stehen wird. Die notwendigen Informationen sind in das Abenteuer des Helden eingearbeitet. Jede Geschichte ist in einer bestimmten Lebenssituation, einem Kontext, verortet. Dieser Ort löst Assoziationen beim Leser aus und ermöglicht die Identifikation. Eine Handlung beschreibt immer eine Veränderung. Am Ende ist etwas anders als vorher. Das kann im Innern des Protagonisten sein: er findet inneren Frieden, bekommt einen entscheidenden Impuls, der seine Sicht auf das Leben verändert. Oder die Veränderung zeigt sich in einer neuen Entscheidung, die im Außen ihren Niederschlag findet. Oft geht eine innere Veränderung einer äußeren voraus.

Übrigens: Es müssen nicht immer Geschichten mit einem Happy End sein. Auch mit tragischen Helden identifizieren sich die Menschen, denn jeder kennt missliche Lebenssituationen oder ist schon einmal mit einem Projekt gescheitert. Hier zählen der Erkenntnisgewinn oder das persönliche Wachstum des Protagonisten.

Beispiel Firmengeschichte

Auf vielen Bestatterwebseiten liest man die Unternehmensgeschichte in dieser beschreibenden Form:

“Das Unternehmen wurde von Friedrich Muster im Jahr 1954 gegründet. Der Sohn Manfred Muster hat das Unternehmen 1985 zusammen mit seiner Frau Elfriede übernommen. Seit 2009 leitet Herbert Muster das Bestattungsinstitut. Der gelernte Tischler machte eine freiwillige Fortbildung zum Geprüften Bestatter. Im Januar 2012 entschloss er sich zu einer erneuten Fortbildung zum Bestattermeister - Funeralmaster. Die Abschlussprüfung legte er im November 2013 vor der Handwerkskammer Düsseldorf ab. Im Januar 2014 erfolgte die Urkundenübergabe. Anfang der Achtziger Jahre wurden die Räumlichkeiten des Bestattungsinstitutes nach Musterhausen verlegt und die Unternehmen Tischlerei und der Bestattungsbetrieb rechtlich getrennt...”

Wird eine Geschichte erzählt, könnten dieselben Informationen viel spannender vermittelt werden:

Schon als kleiner Junge hat Herbert Muster im Sarglager Verstecken gespielt. Eigentlich war das verboten, doch was wäre eine Kindheit, ohne Verbote zu übertreten. Für den Bestattersohn war der Umgang mit Särgen nichts Außergewöhnliches. Die Freunde schätzten den Gruselfaktor im Keller, in dem das Licht immer etwas schummrig war und es so gut nach Holz roch. Immer schauten sie vorsichtig über den Rand der offenen Särge, in Erwartung, dass dort ein Toter liegen könnte. Der Opa und die Eltern drückten ein Auge zu, den nie lag ein Toter im Keller im Sarg. Die Verstorbenen wurden damals noch in den Räumlichkeiten des Friedhofs versorgt und aufgebahrt.
Inzwischen ist hat Herbert Muster das Unternehmen, das sein Großvater Friedrich Muster im Jahr 1954 gegründet hatte und das seine Eltern Manfred und Elfriede Muster von 1985 bis 2012 führten, übernommen. In den neu gestalteten Räumen befindet sich das Sarglager nicht mehr im Keller. Die Angehörigen können sich im Bestattungshaus in modern und hell eingerichteten Räumen von ihren Verstorbenen verabschieden. Damit Herbert Muster und seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter  die Trauernden mitfühlend und fachkundig begleiten können, hat Herbert Muster die Fortbildung zum Geprüften Bestatter gemacht und sich dann weiter zum  Bestattermeister – Funeralmaster ausbilden lassen. Geschichten wie die vom Versteckspielen im Sarglager und viele andere Erlebnisse wurden in der Ausbildungsgruppe gerne abends erzählt, wenn man nach getaner Arbeit gemütlich zusammensaß.

Die Geschichten wirken, steht außer Frage. Welche Geschichten erzählt werden und mit welchen Ziel, das liegt in der Verantwortung des Storytellers. Für Bestatterinnen und Bestatter geht es darum, die Botschaft abzustecken, die richtigen Geschichten zu finden und sie auf die bewährte Weise zu erzählen.

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