Was versteht man unter „Demenz“? Was genau ist eine „Demenzfreundliche Bestattung? Wie können sich Bestatter als „Demenzfreundliche Bestatter“ qualifizieren? Und warum ist Demenz ein gutes Argument zur Bestattungsvorsorge?
Stellen Sie sich ein Regal mit Büchern vor. Jedes Buch steht für ein Lebensjahr voller Begegnungen, Beziehungen und Erlebnisse. Bei dementen Menschen fallen nach und nach einzelne Seiten bis hin zu ganzen Büchern – und damit die Erinnerungen – aus dem Regal heraus.
Demenz ist ein Sammelbegriff für chronische, unheilbare Erkrankungen des Gehirns. Dabei verfallen schrittweise die kognitiven, emotionalen und sozialen Fähigkeiten eines Menschen. Insbesondere wird das Kurzzeitgedächtnis gestört, was zu Vergesslichkeit führt, die sich im weiteren Krankheitsverlauf bis auf die Rechen- und Sprachfähigkeiten ausweiten kann.
In Deutschland leben nach jüngsten epidemiologischen Schätzungen rund 1,8 Millionen Menschen mit Demenz. Die meisten von ihnen sind von der Alzheimer-Krankheit betroffen. Durchschnittlich treten Tag für Tag etwa 900 Neuerkrankungen auf. Sie summieren sich im Lauf eines Jahres auf mehr als 440.000 (Quelle: https://www.deutsche-alzheimer.de/demenz-wissen).
Demente Angehörige stellen die Familie und auch Bestatterinnen und Bestatter vor große Herausforderungen. Die „Demenzfreundliche Bestattung“ gewinnt deshalb zunehmend an Bedeutung.
Was ist eine Demenzfreundliche Bestattung?
Verstirbt beispielsweise der Ehemann einer Demenzkranken, wissen die Kinder oft nicht, wie sie ihrer Mutter diesen Verlust behutsam erklären sollen. Versteht sie es überhaupt? Müssen wir es ihr immer wieder erzählen? Soll sie überhaupt mit zur Beerdigung?
Bei einer Demenzfreundlichen Bestattung werden den Angehörigen diese Unsicherheiten genommen. Dabei wird der Familie erklärt, wie wichtig es ist, einem dementen Angehörigen die Möglichkeit zu geben, sich zu verabschieden und auch an der Trauerfeier und Beisetzung teilzunehmen.
Auch wenn es so wirkt, dass der Demenzkranke nicht trauert und sich nicht bewusst an die Trauerfeier und Beisetzung erinnert, so nimmt er dennoch vieles wahr. Nur werden der Verlust und Abschied weniger als Erinnerung, sondern vielmehr als ein Gefühl gespeichert. Demenzfreundliche Bestatterinnen und Bestatter sind für den Umgang mit Demenzkranken und deren Angehörigen geschult. Gemeinsam mit den Familien schauen sie, welche Fähigkeiten die Demenzkranken haben und erstellen dafür einen Plan, wie sie die Betroffenen aktiv in den Abschied mit einbinden können.
Im Wesentlichen geht es weniger darum, dass der Demenzkranke versteht, was um ihn herum passiert, sondern vielmehr darum, dass er einfach beim Abschied dabei ist. Denn er ist ein Mensch und weiterhin ein vollwertiges Mitglied der Familie.
Wichtig ist aber bei all dem, dass nicht die Demenz, sondern der persönliche Abschied von einem geliebten Menschen im Mittelpunkt steht.
Wie qualifizieren Sie sich als „Demenzfreundlicher Bestatter“?
Die Schulung zum „Demenzfreundlichen Bestatter“ wurde von den Bestattern Sybille Wetzel und Koert Huber (Terramor Uitvaartzorg) in 2017 in den Niederlanden entwickelt. Dabei lernen Sie Grundlegendes zur Krankheit, zum Umgang mit Demenzkranken und wie sich das Leben von Betroffenen und deren Angehörigen verändert. Nach der Schulung erhalten Sie ein Zertifikat und dürfen sich als „Demenzfreundliche Bestatter“ bezeichnen. Viele Bestatterinnen und Bestatter kommunizieren diese Zusatz-Qualifikation auf ihrer Website und binden dazu ihr Zertifikat sichtbar ein. Wenn alle Mitarbeiter eines Betriebs im Umgang mit Demenz geschult sind, darf sich der Betrieb als „Demenzfreundliches Bestattungshaus“ bezeichnen.
Demenz – ein gutes Argument zur Bestattungsvorsorge
Es ist nicht nur eine Bestattungsvorsorge zu empfehlen, wenn man selbst die Diagnose Demenz erhalten hat. Auch die Demenzerkrankung des Partners ist ein gutes Argument zur Vorsorge. So ist sichergestellt, dass die eigenen Wünsche zur Beisetzung auch garantiert umgesetzt werden können. Denn der an Demenz erkrankte Angehörige kann sich vielleicht nicht an die Bestattungswünsche erinnern oder ist nicht mehr in der Lage, diese gegenüber der Familie verständlich zu äußern und damit auch durchzusetzen.