Papst Benedikt XVI. ist am 31. Dezember 2022 im Alter von 95 Jahren verstorben. An den drei Tagen seiner offenen Aufbahrung kamen hunderttausende Menschen, um sich von ihm zu verabschieden – neben namhaften Staatsvertretern etliche Pilger aus der ganzen Welt.
Wenn der öffentliche Tod wertvolle Debatten anregt
Mancherorts sorgte die pure Sichtbarkeit des päpstlichen Leichnams für Irritationen. So dauerte es nicht lang, bis medial diskutiert wurde, ob die Bilder des Papstes „zu viel“ für die Öffentlichkeit oder gar pietätlos seien. Hier und da kamen dann auch Bestatter und andere Branchenkenner zu Wort, die an etwas Wichtiges erinnerten: Offene Aufbahrungen können maßgeblich dabei helfen, Trauergefühle zu verarbeiten und den Tod eines Menschen wirklich zu begreifen.
Wie sichtbar darf der Tod sein?
Gerade die älteren Generationen werden sich noch gut erinnern. Noch vor wenigen Jahrzehnten war es ganz normal, dass der Verstorbene nach dem Todeseintritt noch eine Weile zu Hause verblieb und im eigenen Bett oder im Wohnzimmer aufgebahrt wurde. So hatten nicht nur die Familienangehörigen, sondern auch Freunde, Nachbarn und entfernte Bekannte die Möglichkeit, dem Verstorbenen noch einmal zu begegnen und in vertrauter Umgebung Abschied von ihm zu nehmen.
Mittlerweile ist gerade die offene Aufbahrung des Verstorbenen nicht mehr ganz so tief in das alltägliche Leben integriert. Und doch wird diese Tradition immer noch geschätzt.
„Seit etwa 10 Jahren erleben wir in Deutschland, dass Angehörige wieder vermehrt nach der Möglichkeit fragen, Verstorbene aufzubahren: zu Hause, in einer Friedhofskapelle oder im Abschiedsraum eines Bestattungsunternehmens. Die Gründe dafür sind vielfältig. Familie und Freunde, die den Sterbenden zu Lebzeiten nicht begleiten konnten und dann mit dem geschlossenen Sarg bzw. der Urne konfrontiert werden, können den Tod möglicherweise nicht verarbeiten – Ihnen fehlt das bewusste Abschiednehmen vom Verstorbenen, das tatsächliche Begreifen, dass der Mensch, der uns nahe gewesen ist, nicht mehr lebt“, so Dr. Simon J. Walter, Kulturbeauftragter des Bundesverband Deutscher Bestatter e. V. und Stiftung Deutsche Bestattungskultur.
Weiter führt er aus: „Nicht zuletzt können die Aufbahrung und die unmittelbare Verabschiedung auch als Akt des Respekts vor dem Verstorbenen verstanden werden. Ein letztes Mal schauen wir ihn an, berühren ihn gegebenenfalls – und prägen uns diese abschließenden Momente und Empfindungen ein. Fortan halten wir ihn als Lebenden und eben auch als Gestorbenen in Erinnerung.“
Offene Aufbahrungen als Teil unserer Trauerkultur
Mit diesen wichtigen Impulsen des Kulturbeauftragten Walter wird eines klar: Ob Abschiednahme im Familienkreis in den Räumlichkeiten des Bestatters oder eine öffentliche, kirchliche Zeremonie wie die des Papstes – die Bestattung hilft, dem Verstorbenen bewusst zu gedenken und Erinnerungen an ihn Revue passieren zu lassen. Das Ritual der offenen Aufbahrung ist darüber hinaus eine unwiederbringliche Möglichkeit, den Tod als Teil der Realität mit allen Sinnen wirklich erfahren und begreifen zu können.
„Die Entscheidung für oder wider eine Aufbahrung müssen letztlich die Angehörigen bzw. die Vorsorgenden im individuellen Fall treffen“, gibt Dr. Simon J. Walter zu bedenken. Hier kommt den Bestattern als hochkompetente Dienstleister eine extrem wichtige Rolle zu: Als Berater, Vermittler und Begleiter sind sie das Bindeglied zwischen den Trauernden und den so wertvollen – und manchmal stark unterschätzen – Ritualen unserer Trauerkultur.