Keine Frage, Unternehmen in der Bestattungsbranche machen seit einigen Jahren einen tiefgreifenden Wandel durch. Vom Handwerksbetrieb mit zusätzlichem Bestattungsangebot, hin zum dienstleistungsorientierten Allrounder in Sachen Abschiednehmen, Bestattung und Trauer. Fällt diese Entwicklung nur zufällig mit dem steigenden Anteil von Frauen bei den Bestattern zusammen oder gibt es einen inneren Zusammenhang?


Eine Branche auf dem Weg vom männerdominierten Handwerk zum frauendominierten Dienstleistungsgewerbe?

Lange Zeit waren Familienunternehmen sehr klassisch aufgestellt. Ein Ehepaar teilte sich die Arbeit. Der Mann fürs Grobe und das Handwerkliche. Die Frau machte die Buchhaltung und führte das Beratungsgespräch. Frauen galten als einfühlsamer als die Männer, deshalb übernahmen sie die Gespräche. Die Männer schlugen die Särge aus, holten die Verstorbenen ab und machten die Überführungen. Eine qualifizierte Ausbildung hatten in der Regel die Männer vorzuweisen, die Frauen arbeiteten im Betrieb mit. Wer Glück hatte, bei dem stiegen Sohn oder Tochter mit ins Unternehmen ein. Zu gegebener Zeit wurde eine Übergabe ins Auge gefasst.

Diese klar verteilten Rollen gehören weitgehend der Vergangenheit an. Mit den Veränderungen der Bestattungslandschaft werden Bestatter immer mehr zu Allrounddienstleistern. Der Transport von Verstorbenen ist zwar eine Kernaufgabe des Bestatters, allerdings nimmt der Anteil dieser körperlichen Arbeit ab. Die Gestaltung der Trauerfeier und die administrativen Tätigkeiten haben zugenommen. Auf den Messeveranstaltungen der Branche sind zahlreiche Hilfsmittel zu sehen, die die körperliche Arbeit erleichtern. Fachkundig eingesetzt, kann der körperliche Einsatz beim Heben und Bewegen von Verstorbenen minimiert werden. Die unterschiedlichen körperlichen Kräfte von Männern und Frauen fallen so weniger ins Gewicht.

Wandelt sich der Beruf, weil immer mehr Frauen Bestatterinnen werden? Oder steigt der Frauenanteil, weil sich die Arbeit in der Bestattungsbranche insgesamt in Richtung Dienstleistung verschiebt? Die berühmte Henne-oder-Ei-Frage ist so nicht zu beantworten.

Junge Frauen gehen sehr selbstbewusst in den Beruf

Laut einer Statistik des Bundesverbandes Deutscher Bestatter e.V. (BDB) ist seit 2010 der Anteil der Frauen bei der erfolgreich abgeschlossenen Ausbildung zur Bestattungsfachkraft signifikant gestiegen. Lag der Frauenanteil in den Jahren davor bei 31 bis 40 %, hat er sich seitdem mit jährlichen Schwankungen im Durchschnitt auf knapp 52% erhöht. Auch wenn im Arbeitsalltag Männer noch immer oft den Bereich rund um die Abholung und das Grab abdecken, lassen sich diese Aufgaben trotz des erhöhten Kraftaufwands nicht mehr so einfach in Männer- und Frauenaufgaben differenzieren. Einfühlsamkeit und handwerkliche Fähigkeiten sollten Männer wie Frauen für ihren Beruf mitbringen.

Viele Frauen zieht es eher in die Beratung und Begleitung der Angehörigen. Frauen haben oft einen besseren Zugang zu den emotionalen und begleitenden Aspekten. Ob das am zweiten X-Chromosom liegt oder einer langen Tradition, in der es die Aufgabe der Frauen war, Sterbende und Verstorbene auf ihrem Weg zu begleiten, sei dahingestellt. Schon im Mittelalter und bis ins 19. Jahrhundert hinein übernahmen Beginen - alleinstehende Frauen, die sich in Lebensgemeinschaften zusammenschlossen - Krankenversorgung, Sterbebegleitung und Bestattung. War in der Anfangszeit des Bestattungswesens die Hauptaufgabe der Schreiner und Fuhrunternehmer, den Verstorbenen einzusargen und zu überführen, stehen heute die begleitenden Tätigkeiten im Bestatterberuf im Vordergrund.

Seit ca. 20 Jahren gründen vermehrt Frauen eigene Bestattungsunternehmen. Sie kommen als Quereinsteigerinnen oft aus sozialen Berufen und richten ihre Unternehmen neben den klassischen Bestatteraufgaben auf eine qualifizierte Trauerbegleitung aus.

Die Kunden sind heute nicht mehr überrascht, wenn sie im Bestattungshaus auf eine Frau treffen. Eher sind sie vom Alter ihres Gegenübers irritiert. Seit die Bestattungsfachkraft ein Ausbildungsberuf ist, sind oft sehr junge Menschen ihre Ansprechpartner. Sie bringen zwar altersgemäß weniger Lebenserfahrung mit, haben sich aber durch ihre Berufswahl schon früh mit Tod und Trauer auseinandergesetzt.

Die Wahl zu Deutschlands schönster Bestatterin ist ein PR-Gag

Bereits zum zweiten Mal hat im Jahr 2016 eine Onlineplattform für Bestatterpreisvergleich zur Wahl einer “Miss Abschied” aufgerufen. Bei den Wahlen zur “Miss Germany” geht es um nichts anderes als um die Schönheit von Frauen - oder die Erfüllung eines bestimmten Schönheitsideals. Bei der “Miss Abschied” werden Bestatterinnen auf äußere Merkmale reduziert, die Trophäe hat nichts mit ihrer beruflichen Qualifikation zu tun. Aber bei diesem Wettbewerb geht es ja nicht um eine feministisch korrekte Vorgehensweise oder die Reflexion gesellschaftlicher Stereotype in Bezug auf Frauen. Wer die Veranstaltung kritisiert, steht schnell in der Ecke der Humorlosen. Der skurrile Wettbewerb hat nur eines im Sinn: eine großartige Schlagzeile zu generieren, um mit der Plattform in die Presse zu kommen. Sollten wir Gleichberechtigung einfordern? Einen Wettbewerb mit Bestattern, die Särge stemmend ihre Muskeln spielen lassen? Wohl besser nicht.

Statt mit Stereotypen zu arbeiten, sollten Männer und Frauen im Bestatterberuf ihre persönlichen Fähigkeiten in allen Tätigkeitsfeldern in ihre Arbeit einbringen können.