Es ist ein heiß diskutiertes Thema: Vernichten Roboter, Algorithmen und Internetanwendungen Arbeitsplätze oder schaffen sie welche? Die Auswirkungen der Digitalisierung auf die Arbeitsplätze im Bestattungsgewerbe sind überschaubar, wenn man die richtigen Maßnahmen ergreift.
Digitalisierung krempelt die Arbeit um
Computer haben schon lange Einzug ins Büro gehalten. Technische Neuerungen, die die Belastungen bei körperlicher Arbeit wie Tragen und Heben verringern, sind allen willkommen. Neue Geschäftsmodelle, die ohne Internet nicht möglich wären, fordern die Branche heraus. So könnte man die Folgen der Digitalisierung in der Bestattungsbranche zusammenfassen. Dass Digitalisierung Arbeitsplätze vernichtet, davon ist noch nichts zu spüren.
Dennoch ist es möglich, dass sich Bestattungshäuser in Folge der Digitalisierung nicht mehr auf dem Markt behaupten können. Betroffen werden Unternehmen sein, die die Augen vor den digitalen Herausforderungen verschließen. Arbeitsplätze werden nicht wegfallen, sich aber verlagern. Wer sein Unternehmen zukunftssicher machen will, wird es weiterentwickeln und danach fragen, wie die Kunden mit digitalen Mitteln besser begleitet und wie die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Arbeit unterstützt werden können.
Veränderungen auf dem Arbeitsmarkt differenziert betrachten
Das Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) der Bundesagentur für Arbeit hat 2015 in einer Studie das Substituierbarkeitspotenzial verschiedener Berufe untersucht, wie das Wirtschaftsmagazins “WirtschaftsWoche” berichtet.
Klingt kompliziert, ist es aber nicht. Betrachtet wird der Anteil der Tätigkeiten in einem Beruf, der von Computern automatisiert erledigt werden könnte. Je standardisierter eine Tätigkeit ist, desto einfacher lassen sich Regeln programmieren, die eine Anwendung oder eine computergesteuerte Maschine umsetzt, ohne dass ein Mensch Hand anlegt. Menschen werden hier nur noch für die Programmierung und Überwachung benötigt. Die Experten des IAB haben bei rund 3.900 Einzelberufen den Anteil von Routine-Tätigkeiten berechnet. Als Grundlage zur Berechnung des Substituierbarkeitspotenzials isolierten sie die Einzeltätigkeiten und unterschieden analytische, interaktive, kognitive und manuelle Aufgaben, entweder als Routine- oder als Nicht-Routine-Aufgaben. Im Job-Futuromat können einzelnen Berufsgruppen abgefragt werden.
Für den Beruf der Bestattungsfachkraft wird der Anteil der Tätigkeiten, die automatisiert werden können, mit 13% als niedrig eingestuft. Funeralmaster und Fachwirt/in Bestattung haben mit 33% ein mittleres Risiko. Dabei werden Tätigkeiten wie Kosten- und Leistungsrechnung, Kalkulation, Särge und Sargausstattungen und Desinfektion als automatisierbar eingestuft. Alle anderen beschriebenen Tätigkeitsbereiche, Kundenberatung und -betreuung, Bestattungsvorsorge, Thanatologie, Trauerfeiern und Beisetzungen durchführen, Trauergespräch, Betriebswirtschaftslehre, Einsargen und Grabmachen gelten als nicht automatisierbar. Im Einzelnen kann man die Tätigkeiten und deren Bewertung durchaus in Frage stellen. Insgesamt wird aber deutlich, dass soziale Tätigkeiten, zu denen Beratung, Gespräch und Begleitung gehören, nicht digitalisierbar sind. Dagegen haben Bürotätigkeiten, die Fertigung von Särgen und Anbringen der Sargausstattung eine hohe Wahrscheinlichkeit, automatisiert zu werden. Dem Beruf des Bestatters bescheinigt die IAB-Studie, weitgehend digitalresistent zu sein.
Nicht die technischen Aspekte sind ausschlaggebend, sondern die Unternehmenskultur
Die spannende Frage ist, ob es Bestattungsunternehmen gelingt, die Veränderungen zu nutzen, um mit neuen Angeboten auf die geänderten Bedürfnisse von Kunden antworten zu können. Technische Aspekte und die IT sind nur eine Herausforderung im Rahmen der Digitalisierung. Für den Erfolg der digitalen Transformation ist unverzichtbar, die Unternehmenskultur so zu prägen, dass die Digitalisierung als Chance und Notwendigkeit betrachtet wird, nicht als vorübergehende Erscheinung oder gar als Arbeitsplatz-Vernichter.
Eine Unternehmenskultur, die auf Digitales setzt, zeichnet sich durch Offenheit und Neugier gegenüber aktuellen Technologien aus. Bei jedem neuen Angebot, seien es Fotobücher, Drucksachen, Onlineportale oder Social-Media-Aktivitäten stehen zwei Fragen im Raum: hilft es uns, unseren Kunden eine bessere Dienstleistung anzubieten? Unterstützt es unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, sich noch mehr auf die Begleitung der Kunden zu fokussieren. Letztlich geht es darum, dass sich wiederholende und zeitraubende Tätigkeiten mit Hilfe von Software effizienter gestaltet werden können. Die Folge: Mitarbeitende können sich auf ihre wesentlichen Aufgaben konzentrieren.
Die Qualität der Begleitung wird in Zukunft das entscheidende Argument sein, den Bestatter vor Ort zu wählen. Der menschliche Kontakt ist einer der Bereiche, der sich Substitution durch Algorithmen entzieht. Die menschliche Begegnung und die Wege, die Menschen in der Trauer gehen, sind nicht planbar. Es sind immer die Menschen, die mit unplanbaren Situationen umgehen.
Das Personal ist die tragende Säule der Unternehmenskultur, nicht eine neue APP oder eine neues Onlineportal. Nur von innen heraus lässt sich ein Unternehmen für das digitale Zeitalter optimieren. Mitarbeitende müssen darin bestärkt werden, Neues auszuprobieren. Das klassische Geschäftsmodell, eingespielte Abläufe, interne Organisationsstrukturen und die Formen, wie Kunden erreicht werden, dürfen auf den Prüfstand gestellt werden. Es ist ein fortlaufender Prozess. Digitalisierung ist kein Thema, hinter das man irgendwann den Haken setzt und es dann vergessen kann.
Die notwendigen digitalen Fertigkeiten müssen durch Aus- und Weiterbildung fest verankert werden. Wichtig wird in Zukunft sein, die Bereitschaft aufzubringen, sich mit neuen digitalen Anwendungen vertraut zu machen. Die neuen Stichworte im Marketing lauten Suchmaschinenoptimierung und Web-Analytics, nicht mehr nur Druckerei und Flyer. Online-Marketing wird zur neuen Kompetenz im Bestattungshaus. Marktplätze für Bestattungsdienstleistungen im Internet werden zu neuen Kontaktpunkt mit potenziellen Kunden. Denn es ist das zeitgemäße Angebot, das überzeugt, nicht das “Das war schon immer so.”
Der Prozess der Digitalisierung schürt viele Ängste. Diese sind behutsam aufzunehmen. Sich auf Neues einzustellen, braucht seine Zeit. Es wird den einen oder anderen Angestellten geben, der sich mit den neuen Arbeitsweisen nicht anfreunden kann. Dann dürfen sich Tätigkeitsbereiche verändern, ohne dass die grundsätzliche Neuausrichtung in Frage gestellt wird. Ziel sollte es sein, die Lust auf Weiterentwicklung zu fördern und die Vorteile digitaler Veränderungen in Begleitung der Angehörigen zu nutzen.