Schreibmaschine und Quittungsblock haben schon lange ausgedient. Kein Unternehmen verzichtet heute mehr auf Computer und Internet. Doch der Digitalisierungsgrad unterscheidet sich zum Teil erheblich. Dafür gibt es unterschiedliche Gründe. Die einen halten an veralteten Arbeitsformen fest und verpassen die Chancen, die die Digitalisierung bietet. Andere verlieren vor lauter digitaler Optimierung die Kunden aus dem Blick. Gut beraten sind die Unternehmen, die das Beste aus der analogen und der digitalen Welt verbinden.


Papier trotz digitaler Arbeitsorganisation

Zwei Gründe lassen sich ausmachen, die dazu führen, dass Papier trotz vorangeschrittener Digitalisierung verwendet wird.

  1. Keine klare Entscheidung und mangelnde Planung.

Es gibt kein Gesamtkonzept Digitalisierung. Neue digitale Hilfsmittel werden im Unternehmen nicht gut eingeführt und von den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern nicht gerne verwendet. Ineffektive Arbeitsabläufe sind die Folge. So werden etwa Auftragsannahme oder Dokumentation des Beratungsgesprächs häufig per Papier und Stift durchgeführt, die Daten später in die Bestattersoftware eingetippt, um dann ausgedruckt wieder in der Kundenmappe zu landen.

  1. Eine bewusste Entscheidung für einen sinnvollen Mix von digitalen und analogen Mitteln.

Der Ablauf würde dann vielleicht so aussehen: Auftragsannahme und Beratungsprotokoll werden digital erstellt und verarbeitet. Der Kostenvoranschlag oder die Rechnung werden bewusst nicht per E-Mail an den Kunden geschickt. Stattdessen unterstreichen schön gestaltete, auf hochwertigem Papier gedruckte und dann per Post verschickte Dokumente den Qualitätsanspruch der Begleitung. Die Kontaktpunkte zum Kunden bleiben analog, obwohl sie theoretisch digital gestaltet werden könnten.

Kunden haben ein Recht auf Papier

Zum neuen Bahn-Chef wurde 2017 Richard Lutz ernannt. Kaum im Amt, schockte er damals die Bahnfahrenden mit der Ankündigung, die klassische Fahrkarte durch das Handyticket zu ersetzen. Der Fahrgast würde dann per WLAN registriert und die Fahrt automatisch abgerechnet. Die Vorteile für die Bahn: Personal beim Fahrkartenverkauf einsparen und wartungsintensive Fahrkahrtenautomaten abbauen. Der Vorteil für die Kunden: Keine Warteschlangen am Schalter oder Automat, bequemes Einchecken im Zug. Zumindest wäre das ein Vorteil für die Smartphone Nutzer.

Doch in Deutschland zählten 2019 ca. 18 Prozent der Menschen zu den “digital Abseitsstehenden” (Quelle: D21-Digital-Index 2019 / 2020). Von den 38 Prozent “digital Mithaltenden” wäre sicher auch nur ein Teil bereit, beim Fahrkartenkauf auf digital umzusteigen. Der Anteil von Tickets, die 2018 ohne Bahnpersonal oder Automaten verkauft wurden, lag bei 45 Prozent, so die Bahn. Es wird sicher noch einige Jahre beim aktuellen Mix von Schalter, Automat, Online- und Handyticket bleiben, denn auch Menschen ohne Computer oder Smartphone müssen weiterhin ohne Aufpreis Fahrkarten kaufen können.

Gerade ältere Menschen werden im Alltag zunehmend in die Digitalisierung gezwungen. Behörden verlangen, Anträge im Internet zu stellen und lassen Fragen nur per E-Mail oder in Internetforen zu, statt eine Sprechstunde oder eine Telefonnummer anzubieten. Digitale Wege machen viele Prozesse schneller, auch für die Kunden. Aber nicht alle Menschen wollen oder können sich darauf einstellen. Die Vorliebe von Menschen für das Papier wird noch eine Weile bleiben. Was ausgedruckt wird, hat man “schwarz auf weiß” in der Hand. Papier wird als besonders verlässlich wahrgenommen.

Gute Gründe für ein papierreduziertes Büro

Das papierlose Büro ist die Vision eines zu 100 Prozent digital arbeitenden Unternehmens. Wer dort nach einer Heftklammer oder einem Locher fragt, erntet mitleidige Blicke. In Kleinunternehmen ist das papierlose Büro in weiter Ferne, wie eine 2016 durchgeführte Studie des Marktforschungsunternehmens TNS Emnid im Auftrag des Softwareanbieters Sage zeigt. Befragt wurden 800 Büroangestellte in Deutschland, Österreich und der Schweiz.

Einige der Ergebnisse für Deutschland (die Hälfte der Befragten):

  • 54 Prozent registrieren einen abnehmenden Papiereinsatz im Büro.
  • 21 Prozent drucken Geschäftsunterlagen, die sie per Mail erhalten, fast immer und weitere 56 Prozent manchmal aus.
  • 62 Prozent nennen die Angst vor Datenverlust als Grund, der sie davon abhält, den Papierverbrauch mittels Software-Einsatz zu reduzieren.
  • 61 Prozent druckengeschäftli che Unterlagen zumindest manchmal „zum Bearbeiten“ und 52 Prozent „zum Archivieren“ aus.

Für digitale Dokumente und Verzicht auf Ausdrucke sprechen Zeitersparnis und Umweltschutz nach dem Motto “Think before you print”. Angst vor Datenverlust ist ein wichtiges Motiv, digitale Dokumente zusätzlich auszudrucken. Das Resümee der Studie: Durchgängig digitalisierte Abläufe sind in vielen Unternehmen offenkundig noch nicht der Normalfall.

Manche Unternehmen, die in der Digitalisierung ihrer Prozesse schon weit fortgeschritten sind, werden dagegen von anderen Institutionen zu analogen Abläufen gezwungen. Bei Sterbeurkunden ist vielen ein Ärgernis, dass zwar in vielen Kommunen Online-Bestellungen inzwischen über ein Service-Portal möglich sind. Auch die Gebühr kann mit der Beantragung online angewiesen werden. Die Urkunden selbst werden aber mit der Post versandt. Eine digitale Sterbeurkunde gibt es (noch) nicht.

Digitalisierung strategisch planen

Um einen sinnvollen Mix von digitalen und analogen Arbeitsweisen für das eigene Unternehmen zu finden, sind drei Fragen wichtig:

  1. Wie digital ist Ihr Büro aktuell? Wie sind die Arbeitsabläufe definiert? Wer muss geschult oder unterstützt werden, mit den vorhandenen, digitalen Mitteln besser umgehen zu können?
  2. Welche Arbeitsmittel stehen zur Verfügung, um digitale Prozesse umzusetzen? Welche technischen Geräte und Software müssten angeschafft werden?
  3. In welchen Aufgabenbereichen ist es zwingend notwendig, mit Papier zu arbeiten? In welchen Bereichen entscheiden Sie sich bewusst für Papier?

Die Arbeitswelt wird weiter digitalisiert werden, keine Frage. Das geht nicht im Hauruck-Verfahren und über die Köpfe der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter hinweg. Dazu gehört auch ein Recht auf Papier, vor allem für die Kunden, die nicht mit Computern, Smartphones und Internet aufgewachsen sind. Dazu gehört an manchen Stellen auch ein Ja zum Papier, wo es nicht nur um Optimierung, sondern um Qualität und Sinnlichkeit geht.