Kurzfristig umsetzbare, praktische Anregungen für die Digitalisierung haben Hochkonjunktur. Schuld daran ist das kleine Virus, das große Auswirkungen auf alle Geschäftsprozesse hat. Kommunikation ist das A und 0 im Bestattungshaus, mit den Mitarbeitern und mit den Kunden. Diese ist gerade empfindlich gestört und lässt Unternehmen nach neuen Lösungen suchen.


Die Krise zwingt zur Digitalisierung

Gewohnte Arbeitsabläufe stehen auf dem Prüfstand. Die Teamsitzung am Morgen mit der Übergabe der Sterbefälle vom Wochenende? Erstmal gecancelt! Der festgelegte Dienstplan! Wird umgeschrieben, da ab sofort mindestens zwei Teams gebildet werden müssen, die miteinander keinerlei Kontakt haben. Mehrere Mitarbeiter in einem Raum, womöglich mit Kundenkontakt? Geht ab sofort auch nicht mehr. Arbeiten werden so gut es geht ins Homeoffice verlagert.

Wer bisher digital schon gut aufgestellt war, bekommt die Umstellung besser hin, als Unternehmen, die viel mit Papier und auf Zuruf arbeiten. Größere Unternehmen sind hier im Vorteil, denn Software, Onlineanwendungen und digitalisierte interne Kommunikation sind bereits vorhanden. Kleine Unternehmen und Familienbetriebe können keine zwei unabhängig voneinander arbeitende Teams bilden. Wenn eine Person wegen COVID-19 ausfällt, ist wegen der Ansteckungsgefahr der gesamte Betrieb lahmgelegt.

Die Einführung digitaler Kataloge oder die Cloudanbindung zum ortsunabhängigen Arbeiten ist nicht von Jetzt auf Gleich zu bewerkstelligen. „Digital denken“ bedeutet in vielen Fällen auch „anders denken“. Es geht nicht nur um die richtigen Anwendungen und die Fähigkeit sie bedienen zu können, sondern auch um neue Strukturen in den Arbeitsabläufen und der Kommunikation.

Bereitschaft zur Veränderung

Der Veränderungsdruck ist hoch. Der digitale Pulsschlag hat sich beschleunigt. Wer sich dagegen stemmt und am Alten festhält, verliert viel Energie im Widerstand. Unsere Welt wird nicht mehr dieselbe sein, wenn die Krise, die durch die Pandemie ausgelöst wurde, abflauen wird. Auch nicht die Bestattungswelt. Der Zukunftsforscher Matthias Horx schlägt vor sich innerlich mit der Zukunft in Verbindung zu setzen. Er schlägt eine Übung vor, mit der er in Visionsprozessen bei Unternehmen gute Erfahrungen gemacht hat. Man schaut nicht vom jetzigen Zeitpunkt in die Zukunft, sondern nimmt sich einen zukünftigen Zeitpunkt und schaut von dort aus zurück ins Heute. Ist alles so wie früher?

Durch diese neue Sichtweise kommt etwas ins Spiel, das nur auf diesem Weg möglich ist. Der eigene innere Wandel, die eigene veränderte Haltung wird in das Zukunftsbild miteinbezogen. Wer sich innerlich mit der Zukunft verbindet, baut damit eine Brücke zwischen dem gegenwärtigen Zeitpunkt und dem Morgen. Die bessere Version der eigenen Person und die bessere Version des Unternehmens bekommen Raum. Anders als bei erzwungenen Veränderungsprozessen, beeinflussen die bewusst getroffenen Entscheidungen, dass dieser Raum dann tatsächlich entsteht.

Das ist ein anderer Umgang mit der aktuellen Situation, als nur aus der Angst heraus oder unter Druck zu reagieren. Wer Ja zu den Veränderungsprozessen sagt, kann die Angst überwinden und aus der gegenwärtigen Krise gestärkt hervorgehen und “die Welt mit neuen Augen sehen”. Aktiv befördern kann man diesen Prozess mit der Frage: Wer will ich nach der Krise sein? Wo soll das Unternehmen nach der Krise stehen?

Nichtstun ist keine Option

Die Chancen der Digitalisierung nutzen, das ist eines der Themen, das die Krise aufs Tablett bringt. Die Situation ringsum hat den Turbo angeschmissen. Statt abzuwarten und zu hoffen, dass man die Durststrecke unbeschadet übersteht, gilt es zu handeln. Unsere Welt wird nicht mehr dieselbe sein. Auf dem Weg zur besseren Version seiner selbst und des Unternehmens, braucht es Mut, neue digitale Umgangsweisen zu etablieren. Es wird nicht perfekt sein. Man muss sich einfach trauen und neue Techniken ausprobieren.

Um den direkten Kontakt zu reduzieren, finden Gespräche nur noch per Telefon oder mit einer Person - dem Auftraggeber statt. In den Blick kommen virtuelle Möglichkeiten, um mit mehreren Personen im Gespräch zu sein. Plattformen wie Skype, Zoom oder FaceTime bieten sich an, um sich per Kamerabild zu sehen.

Die Minifeiern mit maximal 10 Personen inklusive Bestattungspersonal werden von vielen Trauernden als sehr belastend erlebt. Vertraute Trauerrituale finden nicht mehr statt. Musik, Blumenschmuck, Kondolenz - alles ist reduziert. Um Menschen, die nicht selbst bei der Beerdigung dabei sein können, am Abschied partizipieren zu lassen, kommen Video oder Audioaufnahmen am Grab in Betracht. Nicht jeder besitzt schon die geeignete Technik und kennt sich damit aus. Plötzlich geht es um Bandbreiten, Speicherkapazitäten, Mikrofone, Videoformate, Beleuchtung und Videohosting in einem geschützten Onlinebereich. Das alles lässt sich besorgen und erlernen.

“Planen Sie jetzt Ihre Bestattung”

Die Menschen haben gerade Angst vor dem Tod. Der drohende Engpass bei der intensivmedizinischen Versorgung, die Bilder aus Italien, wo mit Militärfahrzeugen Särge von Corona-Opfern in andere Regionen zur Kremation transportiert werden - das löst große Angst aus. COVID-19 lässt die Menschen alle an das Gleiche denken: den Tod. Er schleicht sich in den Hinterkopf und führt dazu, dass die Menschen wie gebannt auf die “case fatality rate, CFR” starren. Wie hoch ist die Rate der Todesfälle unter allen Virusinfizierten, wie viele aller mit SARS-CoV-2 infizierten Personen werden letztlich sterben. “Planen Sie jetzt Ihre Bestattung” ist in dieser Situation eine zynische Werbung.

Für Menschen, die über den Tod sprechen und für die Bestattung vorsorgen wollen, braucht es weiterhin ein Gesprächsangebot. Übersichtliche Informationen lassen sich auf der Webseite einpflegen. Vielleicht finden die Gespräche in den nächsten Monaten ausschließlich per Videomeeting statt. Wie können Sie den Menschen die Angst vor dem Tod nehmen? Kurze Antwort: Das können Sie nicht. Die Angst ist berechtigt. Niemand muss sie übergehen. Weder indem er pragmatisch seine Bestattung plant noch fatalistisch alles auf sich zukommen lässt.

Digital Mensch bleiben

Die neuen Kommunikationswege und digitalen Trauerhilfen sind nicht per se seelenlos. Diese Erfahrungen machen gerade viele Menschen, die es mangels Alternativen wagen diese digitalen Räume zu betreten. Am Anfang mag es ungewohnt sein, vor einem Bildschirm zu sitzen und seine Anteilnahme auszudrücken. Die Augen blicken in eine Kamera, nicht in die Augen des Gegenübers. Wer es wagt, seine Fühler innerlich weiter auszustrecken, kann die Erfahrung machen, dass er über Distanzen hinweg in Verbindung kommt mit dem Menschen auf der anderen Seite, weil er ihm im Herzen nahe ist. Das funktioniert auch am Grab, wenn der innere Raum so ausgeweitet wird, dass die Nichtanwesenden im Herzen gespürt werden können. In einer späteren Gedenkfeier bildet dann eine Videoaufnahme die Brücke.

Der Blick aus der Zukunft auf die aktuellen Trauergespräche und Trauerfeiern, wie könnte er wohl aussehen? Vielleicht werden in Zukunft die Trauerfeiern noch liebevoller gestaltet. Sie finden nicht mehr “nur im engsten Familienkreis” statt, sondern die Nachbarn dürfen wieder mit zum Friedhof kommen, weil man ihnen die Einkäufe verdankt, als man selbst nicht einkaufen gehen konnte.

Im Unternehmen etablieren sich Arbeitsweisen, die auch in Zukunft die Arbeit erleichtern. Nach der Krise kann jeder genau prüfen, was durch die angeeigneten digitalen Werkzeuge und Arbeitsabläufe tatsächlich positiv oder negativ beeinflusst wurde. In der Zukunft wird die Entscheidung fallen, ob man zu altbewährten Formen zurückkehrt oder die neuen Möglichkeiten weiterhin nutzt, weil sie sich als nachhaltig hilfreich erweisen.