Es gibt viele Möglichkeiten, wie Menschen das Internet für das Gedenken ihrer Verstorbenen nutzen. Sie trauern auf Plattformen wie Facebook, YouTube oder Instagram, auf denen sie sich auch sonst bewegen. Daneben sind spezielle Gedenkorte wie eigens erstellte Gedenkseiten und die Trauerportale der Zeitungsverlage entstanden.


Das Totengedenken hat eine lange Tradition

Industrialisierung, technische Erfindungen und die gesellschaftliche Liberalisierung führten im 19. Jahrhundert dazu, dass sich die Presselandschaft entwickelte. Mit Todesanzeigen und Totenbildern nutzten auch Trauernde die Möglichkeit, den Tod eines Menschen öffentlich bekannt zu machen, gemäß dem Motto eines bis heute oft verwendeten Zitates:

„Wer im Gedächtnis seiner Lieben lebt, der ist nicht tot, der ist nur fern. Tot ist nur, wer vergessen wird.“

Der Spruch stammt von Joseph Christian Freiherr von Zedlitz, zu finden in seinem Bühnenwerk „Der Stern von Sevilla“ aus dem Jahre 1829. Fälschlicherweise wird dieser Satz oft Immanuel Kant zugeschrieben.

Das Internet sorgt heute ganz automatisch dafür, dass die Toten nicht vergessen werden. Sie leben weiter in allen Bildern, Texten, Profilen, Postings und Kommentaren, die sie jemals im Internet veröffentlicht haben. Wer nicht weiß, dass ein Mensch gestorben ist, kann den Eindruck bekommen, dass er gar nicht tot ist. Zusätzlich schaffen Trauernde sich Erinnerungsorte im Internet, mittels derer sie sicherstellen, dass das Gedenken an die Toten nicht nachlässt. Die rund um die Uhr und rund um die Welt Erinnerten werden dem drohenden Vergessen entzogen.

Bestatter balancieren auf der Grenze von analogen und virtuellen Angeboten

Aktuell befindet sich die Bestattungsbranche in einer Phase des Umbruchs von analogen zu digitalen Angeboten. War es lange Zeit selbstverständlich eine Traueranzeige in der Zeitung zu schalten und Trauerkarten zu verschicken, verzichten heute Menschen zunehmend auf die Printversionen. Bevor die Samstagsausgabe der Tageszeitung erschienen ist, hat sich der Tod per E-Mail und auf Facebook schon herumgesprochen. Wenn eine Todesanzeige geschaltet wird, verändert sich ihre Funktion. Nicht mehr die standardisierte Information steht im Zentrum, sondern das Statement über diesen einen unverwechselbaren Menschen mit Bild, Hintergrund und sehr gezielt ausgesuchten Zitaten.

Auf Plattformen wie caringbridge.org werden alle nahen und fernerstehenden Trauernden statt in vielen Telefonaten, E-Mails oder Briefen, von einem zentralen Ort aus mit aktuellen Terminen und Entwicklungen versorgt. Das gesamte Umfeld eines Verstorbenen kann Unterstützung und Ermutigung anbieten, von nah und fern.

Das wird sich in der Beratung des Bestatters niederschlagen. Zuhören, die Trauernden in ihrem Schmerz verstehen, sie ermutigen, neue Schritte zu gehen – auch in der Art und Weise, wie sie den Tod bekannt geben und welche neuen Formen des Gedenkens zur Verfügung stehen. Die Beratenden müssen neben den klassischen Wegen von Todesanzeige und Trauerkarte, die Möglichkeiten und verschiedenen Formen kennen, wie das Internet für Trauer und Gedenken genutzt werden kann. Viele haben Angst davor, hier etwas Falsches zu tun oder zu sagen, weil sie sich selbst nicht auskennen.

Zum Grundwissen zur Trauer in digitalen Zeiten gehören die Verknüpfungsmöglichkeit von realer Grabstätte mit einer Gedenkseite im Internet mittels QR-Code und eine Liste mit hilfreichen Trauerforen für verschiedene Gruppen von Trauernden (verwaiste Eltern, Angehörige nach Suizid, verwitwete Menschen, trauernde Jugendliche etc.). Wer den Bestattungswald wählt, sollte darüber aufgeklärt werden, dass die Bäume über Geo-Koordinaten mittels eines GPS-Empfängers gefunden werden können. Vielleicht bietet sogar das Bestattungshaus selbst an, eine mit der Webseite des Bestattungshauses gekoppelte und garantierte Gedenkseite zu erstellen. Die Auslöschung einer Gedenkstätte im Internet, weil ein anonymer Anbieter seine Webseite ohne Benachrichtigung schließt, ist für viele eine Horrorvorstellung.

Ein kleiner Rückblick in die Entwicklung von gedruckten Formen der Todesbenachrichtigung und des Gedenkens zeigt, wie sich hier in Jahrzehnten Veränderungen Bahn brachen. Das Internet hat Veränderungen radikal beschleunigt.

Entwicklung der Todesbenachrichtigung und des Gedenkens in nichtdigitalen Zeiten

Regionale und zeitliche Unterschiede außer Acht lassend kann man sagen: Die Form der Todesanzeige zur Bekanntmachung eines Todesfalls ist eng verbunden mit dem Aufstieg von regelmäßig erscheinenden Tageszeitungen. Bis dahin wurde ein Todesfall beim Gottesdienst von der Kanzel oder durch den Leichenbitter öffentlich verbreitet. Zunächst wurde der Tod unter den Familiennachrichten im Fließtext bekannt gegeben. Die Todesanzeige in der heutigen Form als eine private Anzeige, ergänzt von Trauerbriefen, entwickelte sich Anfang des 19. Jahrhunderts.

Das Totengedenken nahm einen anderen Weg. Der in Holland entstandene katholische Brauch des Sterbebildes verbreitete sich Anfang des 19. Jahrhunderts in den katholischen Regionen ganz Europas. Zunächst ließen vor allem der Adel, der Klerus, reiche Großbauern und das gehobenere Bürgertum für Ihre Verstorbene Totenzettel drucken. Die Kriege mit den vielen Toten, die nicht in der Heimat begraben werden konnten, führten zu einer weiten Verbreitung der gedruckten Totenzettel zur Erinnerung und zum Gedenken.

Schon die Todesanzeigen und die Sterbebilder waren regionalen, zeitlichen und funktionalen Entwicklungen unterworfen. Das Medium Internet hat in kürzester Zeit beide Formen, Bekanntmachung des Todes und Gedenken, aufgenommen und auf vielfältige Weise erweitert, ergänzt mit öffentlichen Trauerorten und medial erreichbarer Trauergemeinschaft.

Fast jede Form von Internetangebot wird für Todesnachricht und Gedenken genutzt, seien es Social Media Plattforen wie Facebook, WhatsApp, Instagram oder YouTube. Beschränkten sich die Zeitungsverlage anfangs darauf, die gedruckte Todesanzeige auch online zu stellen, verknüpfen sie diese inzwischen in Trauerportalen mit allen online entwickelten Gedenkformen wie Foren, Chat, Gedenkseiten oder Gedenkkerzen. Innerhalb kurzer Zeit ist eine kaum zu überblickende Vielfalt an virtuellen Orten der Trauer entstanden.

Die wichtigsten Formen des Onlinegedenkens und die besten Webseiten für Trauernde sollte jeder Bestatter und jede Bestatterin kennen. Die Kunden benötigen auch in diesen Fragen Rat und Unterstützung.